photo: Alexander Rapp
Marie hat mehr Energie als andere Leute. Das fiel mir sofort auf, als ich sie das erste Mal traf. Und das liegt nicht nur an ihrem wilden, roten Lockenschopf. Wir unterhielten uns auf der Party eines Freundes über so ziemlich alles: Musik, Essen, Inspiration, Menschen, Liebe. Kurz danach setzte sie sich an ihre wirklich riesige blaue Harfe und begann zu singen. Da war nur noch ihre Stimme und ihr Instrument. Im Handumdrehen schaffte sie es die ca. 200 Gäste zu verzaubern. Ohne Umwege.
In Berlin durfte ich Marie nun wiedertreffen. MarieMarie war auf Tour mit ihrer Band und spielte im Grünen Salon der Volksbühne Songs aus ihrem aktuellen Album Dreammachine. Im White-Trash, beim Burger-Essen nach dem Konzert, konnte ich ihr ein paar Fragen stellen.
Es gibt ganz wenige Harfenisten, die Pop-Musik machen. Wie bist Du auf die Idee gekommen?
Ich habe mir das nicht überlegt. Es war nicht der Plan, dass ich ein besonders ausgefallenes Instrument haben möchte. Ich spiele Harfe seitdem ich 6 Jahre alt bin. Damit schreibe ich meine Songs. Die Harfe ist einfach mein Instrument, so wie für andere die Gitarre.
Wie hast Du die Harfe für dich entdeckt?
Ich war auf der Waldorfschule, vielleicht dort. Mein Vater sagt ich habe mit 3 Jahren das erste mal eine gesehen, bei einem Konzert des Kammerorchesters mit Solo-Harfenistin. Ich war sehr beeindruckt: dieses optische Erscheinungsbild, das Mega-Abendkleid. Der Klang. Meine erste Harfe habe ich dann zu Weihnachten bekommen, das war ein richtig großer Moment.
photos: Alexander Rapp
Wusstest Du schon immer, das Du Musikerin werden wolltest, oder gab es einen Plan B?
Ich wollte immer nur Musik machen, das weiß ich schon ganz lang. Noch bevor ich mit der Schule fertig war stand fest, dass ich mal Musikerin werde, daran gab es nie einen Zweifel.
Es gab nie eine Alternative zur Musik? Ein Studium oder so?
Naja, ich habe mal drei Semester studiert, allerdings Musik!
Wovon hast Du gelebt?
Ich habe während der Schulzeit schon auf Taufen und Hochzeiten gespielt um Geld zu verdienen. Klar habe ich später auch manchmal gekellnert oder so. Aber das waren immer nur Nebenjobs.
Jetzt gerade bist Du das erste mal länger auf Tour? Wie fühlt sich das an?
Ich habe gerade mit meinem Vater telefoniert und ihm gesagt, dass ich jetzt gerne noch drei Wochen dranhängen würde. Noch 15 Konzerte spielen. Meine Stimme war am Anfang total angeschlagen. Ich war echt fertig. Eher so, wie man sich das Ende einer Tour vorstellt. Aber es wird jeden Tag besser. Ich fühl’ mich total im Einklang mit mir selbst.
Wie ist es auf Tour die ganze Zeit nur Männer um Dich herum zu haben?
Ich habe kein Problem damit. Ich bin mit zwei Brüdern groß geworden. Mir ist es eigentlich ganz angenehm mit Männern zu arbeiten. Probleme werden da oft direkter ausgesprochen. Aber es war keine bewusste Entscheidung. Ich habe nicht nach männlichen Musikern gesucht, aber es gibt einfach keine Frauen. Es ist wirklich Schade, dass es so wenige sind. In dem ganzen Musikbusiness gibt es einfach viel mehr Männer. Nicht nur bei den Musikern oder auf Tour. Alles ist total männlich dominiert. Auch in den Plattenfirmen. Mein A&R, der Chef der Plattenfirma oder das Booking, das sind auch nur Männer. Orgapositionen sind manchmal mit Frauen besetzt. Sekretärinnen, Buchhaltung und so.
Was meinst Du, woran das liegt?
Ich glaube es ist auch eine Frage der Lebensumstände. In der Musikbranche zu Arbeiten bedeutet einfach viel unterwegs zu sein, das macht Familienplanung nicht gerade leichter. Ich bin jetzt auch fast 30. Da muss man als Frau erstmal einen Mann finden, der sich um das Kind kümmert, während man unterwegs ist.
Hast Du eigentlich Lampenfieber?
Ja, kommt vor. Aber nicht so oft. Ich kann ganz gut damit umgehen. Ich werde immer nervös, wenn ich mir zu viele Gedanken über die Außenwirkung mache. Am besten ist es, wenn ich einfach nur tue, was gerade so ansteht. Ich muss mich einfach auf die Performance einlassen und nicht zu viel nachdenken. Das sind dann auch die schönsten Konzerte.
Wie siehst du die Zukunft?
Ich habe ganz viele Pläne. Das ist jetzt mein erstes Album. Ich will einfach noch ein geiles zweites Album machen und noch mehr Konzerte spielen. Es juckt mich schon in den Fingern, wieder zu komponieren. Ich höre gerade viel Rap und es gibt viele neue Künstler, die mich inspirieren.
Wir sind gespannt, danke Dir!
Als bekennendes Hiphop-Gör macht mich das natürlich besonders neugierig, wenn sich eine Harfenistin mit Rap beschäftigt. Aber bevor MarieMarie ein neues Album aufnimmt, dürfen wir uns noch eine Weile an ihrem aktuellen erfreuen.
Das Video zu ihrem Song 20 Steps seht ihr hier:
Fotos via PR