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Wie es ist, zu heiraten, ohne jemandem Bescheid zu sagen

Heiraten hat in meinem Umfeld nie den allerbesten Ruf gehabt. Vielleicht liegt es an der Großstadt Berlin, vielleicht an unserem Alter – aber Heiraten wird oft als etwas Spießiges und Langweiliges abgetan, als etwas, nach dem man sich eigentlich auch direkt einmotten lassen kann. Und ich muss ganz ehrlich zugeben, dass auch ich mir über diese Dinge Gedanken gemacht habe, als mein Freund und ich zum ersten Mal ernsthaft über die Möglichkeit einer Hochzeit gesprochen haben. Bin ich mit 26 nicht viel zu jung dafür? Was werden bloß die anderen sagen? Sind wir dann plötzlich das biedere Ehepaar für alle?

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Diese Gedanken flossen zwar auch, aber eher weniger in den Entschluss ein, niemandem von unserer Verlobung und auch nicht vom Termin beim Standesamt zu erzählen. Was noch zu dieser Entscheidung geführt hat? In erster Linie komplizierte Familienumstände – vor allem aber auch das Wissen, dass wir unsere Hochzeit aus finanziellen Gründen nicht in dem Rahmen und auf diese Weise feiern könnten, wie wir es uns immer vorgestellt hatten, nämlich mit der ganzen Familie und allen Freunden, ohne dabei jemanden auszuschließen. Denn machen wir uns nichts vor, selbst wenn man diesen Tag ohne riesiges Budget plant, eine Menge Geld muss man trotzdem in die Hand nehmen.

Schon damals wussten wir allerdings, dass wir das eines Tages nachholen werden, mit der standesamtlichen Trauung wollten wir deshalb aber trotzdem nicht warten. Und irgendwie war es auch eine schöne und romantische Vorstellung, dass nur wir beide davon wussten, ohne großen Wind darum zu machen, weil uns das überhaupt nicht wichtig war. Wichtig war nur, dass wir beide uns sicher waren – mit dieser Entscheidung und mit unserer Hochzeit.

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Natürlich hatte ich ein wenig Bauchweh dabei, niemandem davon zu erzählen. Vor allem gegenüber meiner Mama und meiner besten Freundin hatte ich ein furchtbar schlechtes Gewissen. Allerdings wusste ich auch, dass es ganz allein meine Entscheidung war und dass wir diesen einen Tag zwar ohne sie verbringen, ihn aber irgendwann noch mit allen gemeinsam nachfeiern würden. Und schließlich überwog nur noch die Vorfreude auf unsere Hochzeit zu zweit.

Und auch, wenn es ein schweinekalter, regnerischer Tag im Januar war, hätte er für uns nicht schöner sein können: Erst waren wir im Standesamt, haben dann in unserem Lieblingscafé gefrühstückt, waren im Museum, haben ein neues Restaurant ausprobiert und eine Flasche Champagner getrunken – und zu guter Letzt noch mit unseren Freunden die Nacht durchgetanzt. Ich würde es niemals anders wollen. Ein paar Tage später hielt ich es aber nicht mehr aus und wollte allen davon erzählen.

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Das war allerdings leichter gesagt als getan, denn so eine Hochzeit ist schließlich nichts, was man mal eben am Telefon erwähnt. Und dann muss auch noch die richtige Reihenfolge eingehalten werden, damit sich niemand benachteiligt fühlt. Also startete eine kleine Rundreise und es kam erst die Familie, dann die besten Freunde und schließlich alle anderen dran. Und das könnt ihr mir glauben: Einfach war es nicht. Eine Hochzeit ist zwar normalerweise ein Grund zur Freude, aber nicht dann, wenn man vorher niemandem Bescheid sagt. Leute fühlen sich ausgeschlossen, übergangen und enttäuscht, auch wenn die Entscheidung überhaupt nichts mit ihnen zu tun hatte. Es gab nur sehr Wenige, die ehrlich und aufrichtig glücklich darüber waren, ganz ohne uns Vorwürfe zu machen oder Unverständnis zu zeigen.

Und ein bisschen kann ich das sogar verstehen, schließlich ist die Hochzeit ein wichtiger gemeinsamer Schritt. Trotzdem bleibe ich dabei: Ich würde es nicht anders wollen. Diesen besonderen Tag hat man nämlich bestenfalls nur einmal im Leben und genau deshalb sollte man ihn auch so feiern, wie man es selbst für richtig hält – ganz egal, ob zu zweit oder mit 200 Gästen, ob im Ausland oder zu Hause, ob in der Kirche oder bei einer freien Trauung, ob ganz in Weiß oder kunterbunt. Wissen, was man will und diese Entscheidung dann auch durchziehen – das ist das, was zählt und was den Tag so besonders macht – und nicht etwa die Wünsche der anderen. Eine Hochzeit ist einer der intimsten Momente, die ein Paar im Laufe seiner Beziehung teilen kann – also teilt ihn genauso, wie ihr ihn euch mit der Liebe eures Lebens gemeinsam vorstellt.

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Fotos via Unsplash

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2 comments

  • Ich finde es super, dass ihr euch dafür entschieden habt. Wir haben auch ganz ganz klein gefeiert, nur Eltern und Geschwister. Und wollten/wollen irgendwann eine große Feier nachholen. Aber die wäre dann eher für unsere Freunde als für uns. Zumindest in meiner Vorstellung ist es nämlich mehr anstrengend als schön, Gastgeber einer Riesenparty zu sein. Und daher wollten wir auch unseren Hochzeitstag ganz für uns haben. Ohne Stress, entspannt und wie du beschreibst, ein Tag, an dem es um UNS ging und an den ich mich sehr gerne zurückerinnere. Wir waren am Tag vorher in der Therme und im Spa, haben abends im Hotel schön gegessen, am nächsten Tag noch gefrühstückt und sind dann direkt ins Standesamt, wo wir unsere Familien getroffen haben. Es war perfekt!

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