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Digital Detox: Ein Experiment

Zu meinem 34. Geburtstag vor ein paar Monaten hat mir mein Mann einen 4-Tage-Trip nach LA geschenkt. Ich fand das so lieb von ihm, aber so richtig freuen konnte ich mich nicht.

Ich bin freiberufliche Fotografin in New York und arbeite zurzeit bis auf wenige Ausnahmen 7 Tage die Woche. Das Letzte, was ich brauche, ist „Urlaub“ in einer anderen lauten, überfüllten, stressigen Großstadt. Was ich wirklich brauche: mal komplett abschalten. Nicht jede E-Mail sofort beantworten, keinen stündlichen Instagram-Check, kein Facebook-Update, nicht angerufen werden und WhatsApp ignorieren. Wir haben also den Trip umgewandelt in eine Tour mit dem Wohnwagen, die Küste entlang von Long Beach bis Santa Barbara.

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Den Computer habe ich zu Hause gelassen, das Handy kam mit, blieb aber ausgeschaltet. So habe ich das letzte Mal mit 17 Jahren gelebt, kurz vor meinem 18. Geburtstag bekam ich mein erstes Handy. Mein bisheriges Leben ist also genau zweigeteilt: 1. Hälfte ohne ständige Erreichbarkeit, 2. Hälfte mit. Und nun wollte ich 4 Tage testen, wie es wieder ohne ist.

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Klingt in der Theorie nicht so schwer. Ich bekomme aber täglich zwischen 15 und 30 E-Mails von Kunden, und sie 5 Tage warten zu lassen, kommt nicht in Frage. Heutzutage ist es jeder gewohnt, innerhalb von 24 Stunden eine Rückmeldung zu bekommen. Sonst fragt man sich gleich: Lebt der noch? Ich musste also alle Mails auf meine Fotografenkollegin umstellen, die vorgewarnt war, sich an dem Wochenende nichts Großes vorzunehmen. Auch meine Familie in Münster, mit der ich täglich spreche, wurde informiert, sodass no news in diesem Fall wirklich good news waren. Das heißt nämlich, dass ihre Tochter durchhält und nicht schwach wird und doch zum Handy greift! Ist bei mir wirklich wie eine Sucht, permanent auf mein Handy zu starren. Ich kann mich deswegen oft selbst nicht ausstehen. Was für ein komisches, elektronisches Leben wir mittlerweile führen…

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Der Trip ging jedenfalls los, und mit dem Schritt in den Flieger war das Handy aus. Ab dem Moment konnte ich nicht mehr nachgucken, wo es lang geht, wo es gutes Essen gibt, wie das Wetter am nächsten Tag wird – noch nicht einmal wie spät es ist! Ich trage seit Jahren keine Uhr mehr…

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Den Stress abzuschütteln fiel mir am ersten Tag schwer. Ich arbeite permanent, meine To-do-Liste ist ständig zu lang, ich kann Freundschaftsdienste nicht abschlagen, und Arbeit abzugeben fällt mir schwer. Meine Freunde treffe ich selten. Wenn ich Zeit habe, dann für meine Tochter. Nun also von Hundert auf Null zu fahren, ist gar nicht so leicht. Statt auf mein Handy guckte ich also in der Gegend herum – und sah überall nur Leute auf ihr Handy guckend. An einer roten Ampel geht meine Hand normalerweise automatisch in die Tasche, um mit dem Smartphone die Wartezeit zu überbrücken. Nun stand ich einfach da und starrte auf das Rot.

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Am zweiten Tag ging es schon besser, wobei ich meinen Mann regelmäßig bat, meine Kollegin zu fragen, ob irgendwo was brennt, um das ich mich kümmern muss. Brannte aber nix. Um meine beruflichen E-Mails hat sie sich gekümmert, und das war mir das Wichtigste. Verpasst habe ich bestimmt ein supersüßes Katzenvideo, ein neues Profilfoto von irgendwem und mindestens einen witzigen Instagram-Kommentar.

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Fazit: Mir hat die Auszeit gut getan. Ich habe ein Buch aus Papier gelesen. Habe tagsüber Nickerchen gemacht. Rumgelegen und gedöst, ohne Aufgabe und Ziel. Ich werde nun versuchen, das einmal im Jahr zu machen.

Ich kann es nur empfehlen!

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One comment

  • Ich hatte Anfang des Jahres in Indien auch zwangsweise mehrere Tage Handypause und hab da gemerkt, wie gut das tut! Genau genommen hab ich überhaupt erst einmal gemerkt, wie handysüchtig ich bin. Ich nehme mich das jetzt für meinen nächsten Urlaub im Dezember auch wieder vor. Danke für den Reminder, Julia!

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